Was schadet den Augen am meisten?
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Bücher lesen unter der Bettdecke, bewusstes Schielen oder (zu) langes Fernsehen: Häufig bringen besorgte Eltern diese Angewohnheiten mit möglichen Schädigungen des Auges in Verbindung. Doch was schadet wirklich den Augen am meisten?
Häufig grundlose Sorge um Augenschäden
Soviel lässt sich bereits vorwegschicken: Meist ist die Sorge durch Eltern oder selbsternannte Augenexperten unbegründet. "Mach dir Licht, sonst wird deine Sehkraft irgendwann schlecht", wird jeder schon gehört haben. Doch wie so häufig hält sich ein Mythos hartnäckig, wenn in der Theorie die eigenen Kinder zu Schaden kommen könnten. Um mit gängigen Mythen vor allem für Kontaktlinsenträger aufzuräumen, wollen wir zuerst grundlegende, natürliche Funktionsweisen des Auges erläutern.
Gängige Fehlsichtigkeiten: Sehstärke unbeeinflusst von der Umwelt.
Wie das Institut für Demoskopie Allensbach 2012 erhob, tragen mit 64 Prozent knapp zwei Drittel aller Deutschen eine Brille. In den letzten zehn Jahren blieb der Anteil der Brillenträger relativ stabil. Doch warum leben so viele Bundesbürger mit Fehlsichtigkeit? Hat der Aufschwung von Smartphones, Tablets und Co. etwa dazu geführt, dass die Augen "viereckig" wurden und sich die Sehkraft systematisch verschlechtert hat? Fest steht: Der Grund für eine Fehlsichtigkeit liegt nicht im Umwelteinfluss, sondern ist durch die genetisch dispositionierte Anatomie des Augapfels bedingt. Wenn die Achsenlänge des Augapfels im Verhältnis zur Brechkraft der Linse zu kurz ist, dringt das einfallende Licht nicht zu dem Punkt, der im Auge scharfes Sehen definiert: Der sogenannten Fovea.
Normale Augen generieren ein scharfes Bild, indem das Licht direkt auf der Fovea bricht. Bei fehlsichtigen Personen bricht sich das Licht vor der Fovea: Je größer die Achsenlänge des Augapfels ist, desto größer ist auch die Kurzsichtigkeit (Myopie). Bricht das Licht hinter der Fovea (durch einen zu kurzen Augapfel) spricht man von Weitsichtigkeit (Hyperopie).
Was schadet den Augen: Lesen bei schlechtem Licht
Jeder wird schon einmal Comics, Bücher oder Zeitschriften unter der Bettdecke gelesen haben – nur um dann von den Eltern folgenden Satz zu hören zu bekommen: "Wenn du im Dunkeln liest, wirst du auf kurz oder lang schlechter sehen!" Tatsächlich existieren aber keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass sich die Sehkraft durch Lesen bei schlechten Sichtverhältnissen vermindert. Einen wahren Kern hat jedoch auch dieser Mythos: Das Lesen im Dämmerlicht strengt den Sehapparat sehr an. Schaden tut das nicht – nur muss die Zilliarmuskulatur des Auges die Brechkraft verstärken, um im Zwielicht den Fokus auf kleine Dinge wie Buchstaben zu richten.
Auch andere Bereiche der Augenmuskulatur arbeiten bei der Akkomodation (der Anpassung der Brechkraft einer Linse) im Höchstbetrieb. Diese Akkomodation ermüdet und kann eine vorübergehende Verminderung der Sehstärke zur Folge haben, die nach einer Erholung im Schlaf aber wieder verschwindet. Um durch dauerhafte starke Akkomodation beispielsweise Kurzsichtigkeiten zu entwickeln, müsste ein Kind schon über einen längeren Zeitraum mehre Stunden im Dämmerlicht lesen.
"Schiel nicht, sonst bleibt das so!"
"Wenn du weiterhin so schaust, bekommst du Schielaugen", ist ein weiterer Mythos, der sich hartnäckig im Gebiet der vermeintlich selbstverursachten Augenschäden hält. Die Angst ist auch hier unbegründet: Schielen verursacht weder Augenschäden, noch kann ein Auge "feststecken" oder stehenbleiben.
Anders verhält es sich, wenn Kinder unwillkürlich schielen. Bei einer Augenfehlstellung von Kleinkindern ist immer dringender Behandlungsbedarf geboten: Oft erwächst aus einem simplen "Silberblick" ein handfester Sehfehler, der das räumliche Sehen über den gesamten Lebensverlauf beeinflussen kann. Daher sollten Augenfehlstellungen dieser Art möglichst frühzeitig behandelt werden, um Spätfolgen zu vermeiden. Experten raten insbesondere zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes zu Kontrolluntersuchungen.
"Wenn du weiterhin so viel fernsiehst, werden sie irgendwann quadratisch!"
Der befürchtete Formwechsel des Auges ist natürlich Unsinn; dennoch steckt hinter jenem gerne wiederholten Spruch vieler Eltern die Sorge, dass ihre Sprösslinge bei Marathon-Fernsehsitzungen zu Schaden kommen könnten. Doch was schadet den Augen am meisten? Fakt ist: Tatsächlich kann von einer Seriennacht oder ständigem Rumgezappe über Stunden der Sehapparat ermüden. Der Augapfel brennt, da wir während des starren Fokussierens auf ein Bild naturgemäß weniger blinzeln.
Zum Problem wird es vor allem dann, wenn der monotone Konsum durch Personen erfolgt, die ohnehin ein Problem mit Augentrockenheit haben. Für den gesunden Sehapparat gilt allerdings auch hier Entwarnung: Der Visus wird weder schlechter, noch quadratisch. Dennoch gibt es gute Gründe abseits vermuteter Augenschäden und schwindender Sehkraft, den Fernsehkonsum seines Sprösslings einzuschränken.
Der Mythos unserer Neuzeit: Smartphone und Computer vermindern die Sehstärke und schaden nachhaltig
Wie das Marktforschungsinstitus Forsa berichtet, sitzen rund ein Fünftel aller Deutschen pro Tag bis zu sechs Stunden vor einem Rechner. Kaum ein deutscher Haushalt hat keinen PC: Bei den unter 30-Jährigen liegen die PC-Quoten bei gar 97 Prozent. Wenig verwunderlich also, dass viele Personen, die täglich mit Computermonitoren konfrontiert werden, über trockene Augen berichten. Ebenso wie beim exzessiven Fernsehen fokussiert sich unser Auge zu sehr auf einen Punkt, während es gleichzeitig unzureichend mit Flüssigkeit ausgestattet wird.
Wenn die Hornhaut wiederum vertrocknet, treten mannigfaltige Symptome wie Juckreiz, Brennen und eine erhöhte Anfälligkeit für Bindehautentzündungen auf. Laut Ansicht führender Augenexperten schaden Smartphone und Computer-Nutzung nicht, so lange auf ausreichendes Blinzeln und Befeuchten der Hornhaut geachtet wird.
Hierfür empfiehlt sich zu gleichen Teilen bewusstes Blinzeln, wie auch ein regelmäßiges Entspannen durch den Blick in die Ferne.
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